Nach der Arbeit noch einen Sprung ins Wasser wagen? In der „Badestadt“ Wien ist das so einfach möglich, wie in keiner anderen Millionenmetropole. Sommer in Wien bedeutet: Urbanität und naturnahes Relaxen am Wasser. Ein ganz persönlicher Erfahrungsbericht…
Als ehemaliger Bewohner „Transdanubiens“ hat man eine besonders romantische Sichtweise auf die Alte Donau und öffentlichen Bäder wie Gänsehäufel & Co. Nicht ohne Grund. Mit Schlapfen und Handtuch war es als „Kaisermühlner“ ein Leichtes, im Sommer gemütlich ins „Häufel“ oder Bundesbad Alte Donau zu gehen. Keine langwierige Anreise mit U-Bahn oder Bus waren notwendig, um zu unseren Lieblingsplätzen auf der Liegewiese zu gelangen.
Es war nichts Besonderes die Wasserplätze vor der Haustüre zu haben. Chillen und Baden war einfach Teil unseres sommerlichen Alltags in Wien-Donaustadt. Nach Badeschluss haben wir uns dann zumeist beim legendären „Eissalon Trento“ in Kaisermühlen getroffen und uns immer wieder aufs Neue gewundert, wie viele Menschen das Gänsehäufel fassen kann. Selten hat man eine derart große Menge an Städtern mit zufriedenen, entspannten Gesichtern nach Hause gehen gesehen…
Leben am Wasser
Heute, rund 30 Jahre später, ist alles anders. Und, wie ich finde, noch besser. Das ehemals belächelte Transdanubien in Wien-Donaustadt ist zu einer beliebten Wohn- und Naherholungszone für alle Wiener geworden. Die Infrastruktur wurde deutlich verbessert. An den Uferbereichen entlang der Alten Donau wurden die Badestege mit viel Liebe ansprechend gestaltet. Wohnen und Leben am Wasser ist hip. Und im Sommer, wenn die Luft in den Innenstadtbezirken förmlich steht, ist das nächste Bad oder die nächste Liegewiese an der Alten und Neuen Donau in nur 15 U-Bahnminuten vom Stephansplatz zu erreichen.
Wer nach Büroschluss die letzten Sonnenstrahlen genießen oder zur Abkühlung ins Wasser springen möchte, kann dies mit geringstem Zeitaufwand tun. Die Öffis bringen einen förmlich bis zum Wasser. Kein Vergleich zu anderen Großstädten, wo die nächste Bademöglichkeit oder ein See zumeist eine lange Autofahrt erfordert. Sommer in Wien bedeutet: Urbanität, Erholung und Badegenuss in einem.
Teiche, Seen und Strandcafes
Wasser ist in Wien allgegenwärtig. Die Donaumetropole zählt zu den wasserreichsten Städten Europas. Wie hoch der Wasseranteil der Stadt ist, lässt sich Anhand einiger Fakten untermauern: so finden Erholungshungrige 29 Augewässer, 4 Flüsse, 29 Wienerwaldbäche und insgesamt 40(!) Teiche und Seen. Man kann sagen: ein Ufer oder Strand ist in Wien überall in der Nähe.
Nicht nur die viel besungene Donau fließt durch die Stadt, auch Wienfluss und Liesingbach, der den südlichen Wienerwald mit dem Nationalpark Donau-Auen verbindet, gehören zu wichtigen Naherholungsbereichen in der Hauptstadt. Speziell der Donaukanal, der südlichste ursprüngliche Donauarm, erlebte in den vergangenen Jahren ein Revival als urbane Erholungszone. Die Donauinsel, eines der größten Naherholungsgebiete Europas, wird speziell wegen der vielen Spiel- und Sportplätze von Familien, Kindern und Jugendlichen geschätzt.
Wildbadeplatz Kaiserwasser
Als Alternative zum Badetrubel bieten sich auch die vielen lauschigen Naturbadeplätze der Stadt an. Ein besonderer Tipp, den man gerade als Kaisermühlner nur wärmstens empfehlen kann, ist das Kaiserwasser. Dieser Seitenarm der Alten Donau, bestens mit der U-Bahn (U 1-Station: Kaisermühlen – VIC) zu erreichen, hat über all die Jahre nichts von seinem entspannten Flair verloren.
Dieser große Wildbadeplatz ist der ideale Ort, um den hektischen Alltag der Großstadt rasch vergessen zu lassen. Besonders die große Wiese mit den vielen alten Bäumen bildet einen beeindruckenden Kontrast zu den Wolkenkratzern im Hintergrund. Ebenfalls zentrumsnah, aber deutlich ruhiger und idyllischer, ist das Heustadlwasser im Grünen Prater. Ein lauschiger, romantisch anmutender Naturbadeplatz.
Nacktbaden im Gänsehäufel
Die Stadt Wien verfügt über eine historisch gewachsene Badekultur. Das legendäre städtische Freibad Gänsehäufel beispielsweise, eine durch die Donauregulierung entstandene Insel in der Alten Donau, gibt es bereits seit dem Jahr 1907. Rasch hat sich das Gänsehäufel zum meistbesuchten und beliebtesten Bad in Wien entwickelt – und ist es bis zum heutigen Tag geblieben.
Rund 30.000 Menschen finden auf dieser bewaldeten Insel genügend Platz zum Schwimmen und Relaxen. Es gibt einen zwei Kilometer langen Badestrand sowie einen eigenen, abgesperrten FKK-Bereich. Zahlreiche Sport- und Freizeiteinrichtungen mitsamt Beachvolleyballplatz und Hochseilklettergarten, laden zum sportlichen Work-out ein. Und wer mit Highspeed online surfen möchte, kann dies im Public WLAN-Netz der Stadt Wien im ganzen Bad machen.
Übrigens: seit über 100 Jahren wird im Gänsehäufel nackt gebadet, was auf die ursprüngliche, weltoffene Kultur der „lebensreformerisch bewegten Nonkonformisten“ hindeutet, die hier vormals die Sonne angebetet haben.
Und immer, wenn ich meine Eltern in Kaisermühlen besuche oder nach der Arbeit die letzten Sonnenstrahlen an der Alten Donau genieße, spüre ich diese Mischung aus angenehmen Flair und hoher Lebensqualität. „Entschleunigung“ sagt man heute dazu. Damals war dieses Gefühl Teil unseres Alltags. Heute kehre ich immer wieder gerne zurück, weil es mich aufatmen lässt…